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Medienmitteilung: Vierter Jahrestag des Erdbebens in Haiti

Wenige Tage vor dem vierten Jahrestag des Erdbebens in Haiti vom 12. Januar 2010 zieht die Glückskette eine Bilanz der Projekte, die sie im Land mitfinanziert hat. Ein detaillierter Bericht der Berater der Groupe URD zeigt, dass der von der Glückskette gewählte Ansatz, mit den gleichen Partnern die Nothilfe mit dem Wiederaufbau und der Entwicklungszusammenarbeit zu verbinden, zwar anspruchsvoll, letztlich jedoch erfolgreich war. Trotz unterschiedlicher Kontexte können die Glückskette und ihre Partner daraus nützliche Erkenntnisse für ähnliche Operationen und besonders für jene nach dem Taifun auf den Philippinen ziehen.

Die Groupe URD* hat sich für ihren Bericht über die mitfinanzierten Hilfsprojekte der Glückskette auf wiederholende (iterative) Evaluationen gestützt. Diese wurden während der letzten vier Jahre fünf Mal bei acht Partnern durchgeführt, die während der letzten vier Jahre am Wiederaufbau beteiligt waren. Im Oktober 2013 veranstalteten die Groupe URD und die Glückskette zudem ein Seminar in Port-au-Prince, an dem auch die haitianischen Behörden und die Zivilbevölkerung Haitis ihre Haltung zum Ausdruck brachten.

Der Bericht hebt in seinen Schlussfolgerungen zwei Hauptaspekte im Vorgehen der Glückskette hervor, die sie klar von anderen öffentlichen oder privaten Geldgebern unterscheidet: Einerseits der Entscheid der Stiftung, ihre Hilfsaktion nach Katastrophen auf den Ansatz der Langfristigkeit auszurichten, der die Nothilfe mit dem Wiederaufbau und der Entwicklungszusammenarbeit verbindet. Und andererseits indem sie alle Aktionen auf Nachhaltigkeit ausrichtet, die den Begünstigten dauerhafte Unterkünfte bietet: Es wurden 2700 Häuser repariert oder neu erstellt, 3300 Latrinen gebaut und 2500 Wasserreservoirs errichtet, während andere Akteure im Land Tausende von provisorischen Unterkünften gebaut haben.

Am Seminar war dieser differenzierte doppelte Ansatz von den Behörden, den Begünstigten und den lokalen Partnern als adäquat beurteilt worden, doch er war mit grossen Herausforderungen verbunden. Der Zeitdruck, unter dem die humanitäre Soforthilfe und der Wiederaufbau standen, bot in den ersten Monaten wenig Raum, um das ganze Ausmass der schwierigen Lage Haitis zu erfassen. Gewisse soziale und kulturelle Besonderheiten oder politische und juristische, für eine erfolgreiche Projektumsetzung unerlässliche Erkenntnisse, konnten erst im Laufe der Projekt­umsetzungen einbezogen werden. Anfangsfehler mussten somit während der Umsetzung korrigiert werden. Die iterativen Evaluationen der Groupe URD und die Projektbegleitung durch die Experten und Spezialisten der Glückskette sind von allen beteiligten Parteien einhellig als essentiell und von grundlegender Bedeutung beurteilt worden.

Elf gewonnene Erkenntnisse

Die Groupe URD hat in den folgenden vier Bereichen elf Erkenntnisse ausgearbeitet: humanitäre Koordination, Wiederaufbaustandards, sozio-ökonomische Integration der Projekte und Verbindung von Nothilfe, Wiederaufbau und Entwicklungszusammenarbeit. Einige davon sind nachstehend aufgeführt.

  • Zur Verbindung von Nothilfe und Entwicklungszusammenarbeit: Die Suche nach Mitteln und Methoden zur Verbesserung der Verbindung von Nothilfe und Entwicklungszusammenarbeit ist fortzusetzen.
  • Zur Ausarbeitung von Projekten: Die Projekte müssen Flexibilität und eine Unterteilung in Phasen für einen Wechsel von der Analyse zur Umsetzung zulassen.
  • Zur Koordination der Projekte: Die Kohärenz der Einsätze ist durch den Dialog unter den Akteuren und die Koordination auf allen Ebenen des Projektzyklus zu verbessern.
  • Zur Projektqualität: Die Disziplinen sind für eine solide Diagnose miteinander zu verknüpfen.
  • Zur Integration der Projektempfänger: Es sind partizipative Methoden zu entwickeln, die die Begünstigten nicht zu Passivität führen, sondern sie zu vollwertigen Akteuren machen.
  • Zur Gleichbehandlung von Hilfeempfängern und der Gemeinschaft: Die Verantwortung der Hilfe gegenüber dem sozialen Zusammenhalt ist wichtig und verlangt eine besondere Aufmerksamkeit.
  • Zu den Herausforderungen der Projektkommunikation: Eine gute Kommunikation zwischen den verschiedenen beteiligten Parteien ist wichtig.

 

Anwendung dieser Erkenntnisse auf den Philippinen
Diese Erkenntnisse werden bei den demnächst auf den Philippinen beginnenden Wiederaufbau-projekten berücksichtigt. Natürlich unterscheidet sich der Kontext sehr angesichts der grossen Stabilität der Philippinen, der Anweisungen und Vorarbeiten durch die Behörden, des detaillierten Wiederaufbauplans der Regierung und einem anderen Umgang der Bevölkerung mit der Katastrophe.

Die Glückskette hat acht Millionen Franken für die Soforthilfephase aufgewendet und prüft nun in einer vertieften Analyse die Ausgangslage, um adäquate Richtlinien für eine zweite Phase festzulegen, jene der Verbindung von Wiederaufbau und Nothilfe. Damit will die Glückskette verhindern, dass sich die schnelle Bereitstellung der Nothilfe nachteilig auf die nachfolgenden Phasen auswirken könnte. Der gute Einbezug der lokalen Partner und die Berücksichtigung der sozialen, kulturellen, politischen und juristischen Besonderheiten werden ebenfalls gründlich analysiert, bevor die ersten Wiederaufbauprojekte genehmigt werden.

Die Glückskette ist überzeugt, dass sie auf dieser Basis eine effiziente Mitfinanzierung von Wiederaufbauprojekten mit Standards erreicht, die den Bedürfnissen der betroffenen Bevölkerung entsprechen.

Von den Spendengeldern der Schweizer Bevölkerung für Haiti wurden 20 % für Soforthilfeaktionen, 70 % für Wiederaufbauprojekte und 10 % für Entwicklungszusammenarbeitsprojekte eingesetzt. Von den 66 Millionen Franken Spendengeldern wurden 86 % bereits verwendet. Die restlichen 14 % ermöglichen den Abschluss bestimmter Projekte und deren Ergänzung durch Ausbildung, Aktivitäten zur Belebung der Wirtschaft und/oder der Risikominderung von Katastrophen.

* Die französische Vereinigung Groupe URD – Urgence, Réhabilitation, Développement – wurde vor 20 Jahren gegründet und begleitet die Akteure durch Evaluation, Forschung, Ausbildung und Beratung in der Qualitätsverbesserung der Programme.